Es kommt vor, dass bei Patienten eine der so genannten »Geri-Ziffern« abgerechnet wird, einfach nur, weil sie alt sind. Das ist laut EBM aber zu wenig, wir müssen auch was dafür tun. Hier steht, was genau und wie oft:
Ziffer 03360 – Hausärztlich-geriatrisches Basisassessment
Das ist die Erhebung des geriatrischen Status, der zweimal innerhalb von einem Jahr durchgeführt werden darf. Für die Dokumentation gibt es das entsprechende MediScheiss-Modul, das die Dokumentation übernimmt. Folgende Inhalte schreibt der EBM vor (siehe hier):
- Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt
- Erhebung und/oder Monitoring organbezogener und übergreifender motorischer, emotioneller und kognitiver Funktionseinschränkungen
- Beurteilung der Selbstversorgungsfähigkeiten mittels standardisierter, wissenschaftlich validierter Testverfahren
- Beurteilung der Mobilität und Sturzgefahr durch standardisierte Testverfahren
Anmerkung: Wenn i. R. eines Kontakts mal »vergessen« 😉 wurde, die Dokumentation durchzuführen, darf das natürlich in Abwesenheit des Patienten »nachgeholt« 😉 werden.
Ziffer 03362 – Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex
Das ist die Dokumentation unserer Bemühungen rund um das geriatrische Zustandsbild. Abgerechnet werden kann das jedes Quartal, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind (siehe auch hier):
- Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt
- Einleitung und/oder Koordination der Behandlung, ggf. Durchführung therapeutischer Maßnahmen zur Behandlung von geriatrischen Syndromen, z. B.
- Stuhl- und/oder Harninkontinenz
- Sturz, lokomotorische Probleme (z. B. Schwindel, Gangunsicherheit)
- Frailty-Syndrom
- Immobilität und verzögerte Remobilität
- Hemiplegiesyndrom
- Kognitive und neuropsychologische Störungen einschließlich Depression und Demenz
- Metabolische Instabilität
- Überprüfung, ggf. Priorisierung und Anpassung aller verordneten Arzneimittel und der Selbstmedikation sowie ggf. Überprüfung der Arzneimittelhandhabung
- Erstellung und/oder Aktualisierung eines Medikationsplans
Diese Bedingungen sind im Prinzip schon durch das Ausstellen eines Rezepts oder einer Verordnung erfüllt, insofern kann man die Ziffer eigentlich jedes Quartal fast blind ansetzen – allerdings nur, wenn das o. g. Basisassessment auch durchgeführt wurde und nicht am selben Tag!
Wer für die Ziffer in Frage kommt
Nicht jeder alte Mensch ist auch ein Geri-Fall! Die topfitte Omi, die alles selber stemmt, kommt nicht für die Ziffern in Frage. Für die Abrechnung der Ziffer 03360 muss der Patient mindestens 70 Jahre alt sein und geriatrietypische Multimorbidität und/oder eine Pflegestufe vorweisen. Dabei wird im EBM-Katalog von geriatrietypischer Multimorbidität ausgegangen, wenn mindestens eines der in der Tabelle zu Ziffer 03362 angegebenen »geriatrischen Syndrome« vorliegt. Ein kleines Schlupfloch, das auch rüstige Alte in die Geri-Schiene einschleust, ist der Begriff »metabolische Instabilität«: Wird ein Diabetes mellitus medikamentös behandelt, so kann man dies grundsätzlich unterstellen.
Grundsätzlich bitte ich um Vorsicht beim Abrechnen der Ziffern! Im Gegensatz zu einer unberechtigten Chronikerziffer o. ä., die bei der Abrechnung einfach automatisch gestrichen wird (und so vor meiner Zeit zum Harm-Jürgen-Syndrom »Jeder kriegt eine Chronikerziffer, die KV sortiert dann aus« geführt hat), besteht beim lockeren Umgang mit den Geri-Ziffern durchaus die Gefahr, dass die Dokumentation geprüft wird. Der Krampf ist die paar Extra-Euros keinesfalls wert …