Das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (»Krankmeldung«) gehört zu den häufigsten Maßnahme im hausärztlichen Alltag und erfordert das Einhalten bestimmter Regeln, was immer wieder zu Missverständnissen führt. Damit Sie gegenüber Arbeitgeber oder Amt auf der sicheren Seite sind, habe ich hier zusammengefasst, was sie beachten müssen:
- Erstbescheinigung nur bei persönlichem Erscheinen
Es ist grundsätzlich nicht möglich, eine AU-Bescheinigung telefonisch oder von Angehörigen anfordern zu lassen (Ausnahme siehe unten). Der behandelnde Arzt muss obligat eine Untersuchung durchführen, um die Arbeitsunfähigkeit festzustellen. Können Sie am ersten Krankheitstag nicht in der Praxis erscheinen, ist auch eine rückwirkende AU-Bescheinigung möglich (siehe hierzu auch den nächsten Punkt). Eine Verlängerung der AU-Bescheinigung kann nur in solchen Fällen ohne persönliches Erscheinen durchgeführt werden, in denen sich aus dem Krankheitsbild nach erstmalig festgestellter AU auch ohne Wiederholungsuntersuchung eine Notwendigkeit zur Verlängerung ergibt. - Rückwirkende Krankschreibung maximal drei Tage
Wenn es Ihnen nicht möglich ist, am ersten Tag Ihrer Erkrankung in die Praxis zu kommen und es medizinisch nachvollziehbar ist, dass eine Arbeitsunfähigkeit bereits vor dem ersten Arztkontakt bestand, kann ausnahmsweise eine rückwirkende AU-Bescheinigung für maximal drei Tage ausgestellt werden. Hierbei werden auch die arbeitsfreien Tage eingerechnet. Beispiel 1: Kommen Sie an einem Donnerstag in die Praxis, ist eine AU-Bescheinigung höchstens ab dem vorausgegangenen Montag möglich. Beispiel 2: Kommen Sie am Montag in die Praxis, ist eine AU-Bescheinigung höchstens ab dem vorausgegangenen Freitag möglich – egal, ob sie am Wochenende hätten arbeiten müssen oder nicht! - Verlängerungen nur mit derselben Diagnose
Hat Ihnen ein anderer Arzt eine AU-Bescheinigung ausgestellt und möchten Sie diese in meiner Praxis verlängern lassen (z. B. wegen einer Urlaubsvertretung oder eines Hausarztwechsels), benötige ich zum Abgleich der Diagnosecodes die letzte Ihnen vorliegende AU-Bescheinigung. Die Verarbeitung von Diagnosen bei Ihrer Krankenkasse erfolgt nach dem ICD-Code-System, das leider so umfangreich ist, dass es die Verschlüsselung vergleichbarer Zustände mit ganz unterschiedlichen Diagnose-Codes erlaubt. Beispiel: Hat Sie der erste Arzt wegen eines Atemwegsinfekts mit dem Code »J06.9« (Grippaler Infekt) krankgeschrieben, kann eine erneute AU mit der Diagnose »J20.9« (Akute Bronchitis) zu Problemen führen, wenn sie nachweisen müssen, ununterbrochen wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig gewesen zu sein. - Diagnosen sind Privatsache
Warum Sie krankgeschrieben werden, geht niemanden etwas an, schon gar nicht Ihren Chef! Ihr Arbeitnehmer erhält daher keine Angaben zu den Diagnosen (also auch keine Codes wie »J06.9G« oder »F32.9G usw.«). - Achten Sie auf die die Fristen
Viele Arbeitgeber fordern erst am dritten Tag einer Erkrankung die Vorlage einer AU-Bescheinigung, darauf haben Sie jedoch keinen Rechtsanspruch. Informieren Sie sich daher unbedingt, ab welchem Krankheitstag die Bescheinigung beim Arbeitgeber vorliegen muss!
Wenn Sie länger als 6 Wochen krankgeschrieben sind, erfolgt die Lohnfortzahlung durch Ihre Krankenkasse. Um finanzielle Engpässe zu vermeiden, sollten Sie sich in einem solchen Fall vor Ablauf dieses Zeitraums mit ihrer Kasse in Verbindung setzen, da es sonst zu Verzögerungen bei der Auszahlung kommen kann. - Krankschreibung ist kein Arbeitsverbot
Wenn Sie früher wieder genesen, als zum Zeitpunkt der Krankschreibung abzusehen war, dürfen Sie auch wieder zur Arbeit gehen, selbst wenn das Ende der AU-Dauer noch nicht erreicht ist; es entsteht dadurch insbesondere keine Versicherungslücke im Falle eines Arbeitsunfalls. Ihr Arbeitgeber hat jedoch das Recht, Ihr Arbeitsangebot abzulehnen, wenn er es im Rahmen seiner Fürsorgepflicht für richtig hält, dass Sie sich bis zum letzten Tag auskurieren. - Neues Verfahren ab Januar 2023
Das bisher gültige Verfahren, bei dem Arbeitnehmer ihre Krankmeldung als Papierdokument beim Arbeitgeber vorlegen müssen, entfällt. Sie müssen Ihren Arbeitgeber nur über den Zeitpunkt und die voraussichtliche Dauer Ihrer Arbeitsunfähigkeit informieren; der Rest läuft ab sofort auf elektronischem Wege (mehr dazu hier).